2015 /1: maerz 2015 (pdf, 1,358 KB)

GEMEINDELEBEN 2
BRUMMELN UND SUMMELN 3
EINWOHNERFRAGESTUNDE 4
STADT LAND FLUSS 5
DER UNTERGANG 6
IM FEIERABENDHEIM 7
SCHÖNE HEILE WELT 8
DIE WAHNSINNIGEN 9
IN SACHEN NATUR 10
WAS WANN WO 11
ALLERLEI 12

Zusammenfassung der Veranstaltung am 16. Februar in Loitz

Auftraggeber des ganzen war die Bundesregierung, die brachte eine Kommission an den Start, die „den Auftrag hat, Empfehlungen zu erarbeiten, wie das Engagement der Bürgerinnen und Bürger auf örtlicher Ebene gefördert werden kann. Sie will auch von der Region Peenetal/Loitz lernen.“ (Anna Wiebke Klie, wissenschaftliche Leitung). Unbezahltes Engagement an den richtigen Stellen zu fördern, kann für einen Staat nur gut sein.
Wohlan, „Loitz stellt sich gern auch weiterhin als Experimentiergebiet zur Verfügung.“ (BM Sack). Frage ich mich doch glatt, welche Experimente auf Loitzer Gebiet bislang verfügt wurden? Hm, mir fällt nichts ein. Meint er den Industrierückbau, das Einrichten neuer Gewerbegebiete, den „@nderen Gottesdienst“ oder gar die Zeit des DDR-Sozialismus? Bin schon neugierig auf die nächsten Experimente!
„Viele engagieren sich, damit zusammenbleibt, was zusammengehört, nämlich die Gemeinschaft. Das kann man nur unterstützen!“ (tönte anläßlich der Veranstaltung der SPD-Ortsverein). Klar, auch in einer Gesellschaft, die wenig mehr als Konkurrenz, das Hauen und Stechen vieler Einzelner mit ihren Interessen kennt, wenn es um die Beschaffung der nötigen Mittel zum Leben geht, bleibt Volksgemeinschaft unabdingbar wichtig, denn der Staat steht ja ebenfalls im Konkurrenzkampf mit anderen Souveränen und braucht in schöner Regelmäßigkeit sein Volk in fester Geschlossenheit für die Fortsetzung seiner Friedenspolitik mit kriegerischen Mitteln. Das kann die SPD nur unterstützen und tut es auch.
Aber so ganz geschlossen ist die Anstalt eben nicht. Nicht jeder hat Unternehmergene im Hirn. Aber vielleicht Lernfähigkeit: Knowhow des Unternehmertums wurde als Schulfach von einem Vertreter der Kreisverwaltung gefordert. Als wäre an der Spitze der Konkurrenzpyramide Platz für alle. Als würde, je erfolgreicher Unternehmer sind, nicht noch mehr Müll produziert, die zerstörerische Ausbeutung von Mensch und Natur nicht noch mehr forciert, als würde die globale Verarmung und Verblödung ganzer Völker nicht noch mehr betrieben. Entfremdung im Haifischbecken als Schulfach. Yo, denn wozu ist Schule sonst gut.
Aber auch der Pyramidenbodensatz: Lokale Größen brachen in ihren Wortmeldungen leidenschaftlich Lanzen für die Errettung des 2. (oder war’s der 3.?) Arbeitsmarktes. Das ungenutzte Menschenmaterial dieser Gesellschaft litte doch sonst zu sehr. In Verlautbarungen des „Kompetenzzentrum arbeitsloser Loitzer“ wird stetig die Hoffnung verkündet, daß die Obrigkeit „eine Verbesserung der Beschäftigung dieses Personenkreises“ unterstützt. Dabei wird dieser offenbar doch unablässig beschäftigt: mit „DVD- und Bastelnachmittagen, Radtouren, Vorträgen, Festivitäten, Produktberatungen, Weihnachtsbäckereien, Spiel und Sport“. Das soll „Mut machen (wofür nochmal?) und Lebensqualität vermitteln“, meint die KaL-Führung. Über den Grad dieser Qualität wird nichts gesagt. Wohl besser so.
Marktwirtschaft gebiert immer mehr Verlierer als Gewinner, das ist nun mal so. Und absolut alternativlos. Genauso wie die derzeitige Form der Landwirtschaft. Was haben wir denn sonst noch an Sponsoren für Erntefeste, Kindertagsfeiern und Arbeitsplätzchen?, stellte sich die Zuhörerschaft auf, und für die wunderhübschen Postkarten in gelb, grün und blau? Hä, na? Siehste!
Witzig war dann das breite Lamentieren und Rumjammern über „viel zu viel Bürokratie“, die schier unüberwindlichen „Hürden zur Erlangung von Fördergeldern“ für ehrenamtliches Engagement, die noch dazu „von Jahr zu Jahr höher werden.“ Iss ja 'n Ding! Wissen die Leute nicht, was ein Rechtsstaat ist? Oder würden sie den gern abschaffen wollen? Da auch Recht eine Ware ist, werden selbstverständlich ständig neue Produkte in Form von Gesetzen, Verordnungen, Dekreten kreiert, welche Geld generieren oder umverteilen, Posten sichern, für Ruhe, Ordnung, Disziplin und Beschäftigung sorgen. Keineswegs zufällig sind mehr als die Hälfte der Bundestagsabgeordneten Juristen.
„Auf Persönlichkeiten kommt es an!“ lautete gänzlich frei von Ironie eine der vorgestellten Thesen. Wer nicht klar kommt, ist eben einfach zu doof, zu undeutsch, zu zahm, zu irgendwas. Gründe in gesellschaftlichen Verhältnisse? – Fehlanzeige.
Also auf zur weiteren Ausbeutung des Ehrenamts! Denn auch dieses hat letztlich monetären Mehrwert für das Unternehmen Staat zu generieren – alternativlos.
Ah ja, ein beschlipster Bundesministeriumsvertreter war auch anwesend und klopfte den Loitzern rechts und links auf die hängenden Schultern, die sich sofort wieder kräftig hoben. Was für tolle Menschen hier doch lebten, nette Gespräche übers Wetter beim Bäcker, einfach so – das würde ihm in der Reichshauptstadt nie passieren! Wie billig Leute mittlerweile zu kaschen sind, wie einfach Folgschaft zu erlangen...
Das Schöne am ganzen ist, daß all dies Rumwinseln und Schulterklopfen selbstverständlich in absehbarer Zeit vorbei sein wird. Kapitalismus ohne Krieg? Geht nicht. Warum nicht wieder mal hier einer.

Ein einzigartiger Kristall, einer unter Millionen, ungezählten, im Tanz des Lebens vom Himmel auf die Erde. Eisweiß aufglitzernd, ein Brillant im Grau. Vielleicht. Hinab mit Seinesgleichen.
Steht ein Baum in seinem Boden von der Erde zum Himmel hinauf. Na, warte. Im Schneegestöber, weiß vorm Grau formt das Schneegesindel die Bögen seiner Äste nach. Schneeflocke auf Schneeflocke umarmen sich. Einzeln kaum zu sehen, kaum spürbar, Lage auf Lage von Unbedeutendheit, ein Hauch und weg wäre jede einzelne. Weiß wölben sich die Äste hinauf, doch schon hinab, eine Last zu tragen, zu Boden. Gehen.
Kristall zart auf Kristall, die schönsten Tränen des Himmels. So zierlich klein, so unscheinbar in diesem Gegriesel einer weißen froststummen Astlandschaft entgegen, einem Ächzen schön, einem Baumgestöhn. Sanft setzt das Flöckchen auf – und ... Das Ächzen wird zum splitternden Krach, Bruch, der Ast geht in rauschendem Geflirre zu Grunde.
Ein winzig Ding, Wasserperlchen nur, im Meer, ob Wolkenmeer...
Ein Ast unter fielen.
Weiß-blaugrauer Nebel strebt steil in die Höh’, hitzeflimmernd, getrieben vom Motorentakt, Dieselmaschinengewummer auf 4-Achsen-Allrad-Allwetter-Breitprofil. Ein Griff mit baumstarken klammen Stahlfäusten, ein Schwert aus Kettensägenraserei – 27 Sekunden, der ganze stattliche Baum, der eben noch einen kleinen Ast im Schneetrieb verlor, an der Gurgel gepackt, abgeschnitten, enthoben, ticketacke, ticketacke, zersägt zu Derengleichen geworfen. Milliarden Kristalle, die explosiv noch das Weite suchen dürfen, nicht finden. Breite Räder walzen, malmen den dreckigen Brei auf dem Weg zum nächsten. Aus der Traum! Der Baum! Schnee von gestern!
Vom Klimaxwandel wie verdummt verstummt zu schweigen.